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The stage is yours

Als Sanja Stankovic 2010 in Hamburg die Digital Media Women (#DMW) mitgründete, war das entscheidende Motiv die mangelhafte Präsenz von Frauen bei Veranstaltungen der Digitalwirtschaft. Natürlich gab es zahlreiche Frauen in IT-Berufen, in der Medienbranche sowieso, aber auf den Bühnen der einschlägigen Kongresse und Konferenzen blieben die Herren meist unter sich.

Dieses schiefe Bild gerade zu rücken haben sich die #DMW zur Aufgabe gemacht. Dementsprechend war Sanja regelmäßig auf der Suche nach Frauen, die inspirierende Geschichten über ihre beruflichen Erfolge erzählen konnten. Nun gibt es Menschen, die schnell bereit sind, über sich und alles Mögliche zu reden, ohne wirklich viel zu sagen zu haben. In dieser Kategorie scheinen Männer überproportional stark vertreten zu sein.

Und es gibt Menschen, deren Bescheidenheit und Zurückhaltung, oft noch gepaart mit einem übertriebenen Perfektionsdrang, dazu führt, dass sie die Öffentlichkeit scheuen. „Ich bin doch nicht so wichtig, und was ich mache ist auch nicht so herausragend“, sagen sie sich. Leider neigen eher Frauen zu dieser Einstellung, ein Grund weshalb auch wohlmeinende Veranstalter immer wieder das Problem haben, genügend weibliche Speaker für ihre Events zu finden.

Maren Wagener gehörte in letztere Kategorie, als Sanja sie 2011 bei einem Ladies Mentoring Dinner kennenlernte. Maren hatte bereits 2008 die Digitalagentur Vast Forward gegründet, die vieles vorwegnahm, was sich inzwischen mehr und mehr in der Arbeitswelt etabliert. Vast Forward agiert als eine Art Feuerwehr für andere Agenturen und springt ein, wenn schnell etwas für eine App oder Webseite programmiert werden muss. Möglich macht das eine dezentrale Organisation mit einem großen Netzwerk an Freelancern. Stichworte wie „New Work“ und „Homeoffice“ wurden hier mit Leben gefüllt, bevor sie in aller Munde waren.

Maren hatte hier also einiges zu erzählen, was für Frauen und Männer gleichermaßen interessant war. Aber sie wollte nicht. Nicht, weil sie übermäßig schüchtern ist. Sie selbst bezeichnet sich als eher gesellig und gehört bestimmt nicht zu denen, die bei einer Party als erste gehen. Allerdings legt sie keinen Wert darauf im Mittelpunkt zu stehen und konnte sich nicht vorstellen, dass sich jemand für ihre Geschichte interessiere.

Sanja konnte sich das sehr wohl vorstellen und wollte Maren unbedingt auf einer Bühne sehen. Über Jahre hinweg trafen sie sich regelmäßig wieder bei Veranstaltungen von Ladies Mentoring und entwickelten eine Freundschaft, in der sich Privates und Berufliches miteinander vermischten. In dieser Zeit reifte auch ein Plan, an dem Marens Mann Matthias nicht ganz unschuldig ist. Er entfachte bei ihr nämlich die Leidenschaft für das Segeln.

Gemeinsam waren sie schon über die Ostsee geschippert und sogar an der argentinischen Atlantikküste entlanggesegelt, als sie 2015 den Firmensitz von Vast Forward auf das eigene Boot verlegten. Nun lenkte Maren sie die Geschicke des Unternehmens, während sie durchs Mittelmeer kreuzte oder vor Mallorca ankerte. So wurde aus ihrer sowieso schon bemerkenswerten Geschichte eine wirklich außergewöhnliche.

Grund genug für Sanja, ihre Freundin noch energischer dazu zu bewegen, doch endlich ins Rampenlicht zu treten. Für den entscheidenden Schubser sorgte sie dann selbst. 2013 hatte Sanja zum ersten Mal den Reeperbahn Startup Pitch organisiert, der rasch zu einem Startup-Wettbewerb mit internationaler Beteiligung angewachsen war. Die Ausgabe von 2017 fand im Hamburger Musikclub Gruenspan statt und bot neben dem eigentlichen Pitch auch noch ein abwechslungsreiches Vorprogramm. „Da seid ihr dabei!“, hieß es von Sanja an die Adresse von Vast Forward, wenige Wochen vor dem Ereignis.

Jetzt gab es kein Zurück mehr. Maren holte sich Rat bei einem Ladies Mentoring Regina Mehler, Gründerin der Women Speaker Foundation, und ließ sich bei einer Generalprobe vor zehn Personen grillen. Alles halb so schlimm, und so verlief auch die Premiere vor großem Publikum beim Reeperbahn Startup Pitch ohne Probleme. Die Theorie, für ihre Geschichte würde sich sowieso niemand interessieren, konnte Maren danach auch beerdigen. Ob Spiegel Online, manager-magazin oder Zeit, kaum ein namhaftes Medium, das seither nicht über Vast Forward geschrieben hat. Gerade in den letzten Wochen, bedingt durch den Homeoffice-Boom, häuften sich wieder die Berichte.

Ihre nächsten Auftritte hatte Maren bei der boot Düsseldorf im Januar 2018 und ein paar Wochen später beim SXSW Festival in Austin, Texas. Dort ist Sanja schon seit vielen Jahren unterwegs, um für Startups und den Standort Deutschland die Trommel zu rühren. Seit 2018 hat Vast Forward Sanja als Partner dabei unterstützt und auch 2020 sollte es wieder in die USA gehen. Bekanntlich kam alles anders, doch für nächstes Jahr steht SXSW wieder dick im Kalender der beiden, wenn nichts dazwischenkommt.

Diesen Sommer werden die beiden zusammen mit ihren Männern zumindest den Urlaub gemeinsam verbringen. Wobei es da vermutlich zugehen wird wie auf vielen früheren gemeinsamen Reisen, oft in Verbindung mit Treffen von Ladies Mentoring, die sie schon nach Warschau, Amsterdam, Tel Aviv, Lissabon und viele andere attraktive Orte geführt haben. Immer wieder kommen sie dort auf berufliche Dinge zu sprechen, weil sie da mehr Freiraum haben sich auszutauschen.

Sanja hat bei diesen Gesprächen von Maren viel über unternehmerisches Denken gelernt, über kollaboratives Arbeiten und den Umgang mit Mitarbeitern. Dinge, die ihr bei ihrer Arbeit für DS Produkte helfen und beim Aufbau des neuen, internationalen Netzwerks german.innovation. So profitiert die eine von der anderen und umgekehrt. Genau das macht Ladies Mentoring aus. Frauen unterstützen sich bei beruflichen Fragen, motivieren sich gegenseitig und bieten Vorbilder für andere. Und manchmal werden sie dabei auch noch zu richtig guten Freundinnen.

Text: Mathias Jäger
Bild: Rieka Anscheit, Dennis Williamson

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